Archiv der Kategorie: WM 2014
Lahm, Mertesacker, Klose: Emotionaler Abschied bei der Nationalmannschaft
Tränenreicher Abschied in Düsseldorf.
Vor dem Test-Länderspiel zwischen Deutschland und Argentinien wurden mit Philipp Lahm (30), Per Mertesacker (29) und Miroslav Klose (36) gleich drei Weltmeister verabschiedet. Das Trio hatte nach dem Titelgewinn seine Länderspiel-Karriere beendet. Auch Hansi Flick (49), der langjährige Assistent von Bundestrainer Joachim Löw (54) und neue DFB-Sportdirektor, wurde von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Generalsekretär Helmut Sandrock verabschiedet.
51.132 Zuschauer bejubeln die Zurückgetretenen. Als Abschiedsgeschenk gibt es einen Blumenstrauß, eine Urkunde und das aktuelle Trikot mit den vier Sternen. Miroslav Klose muss mit den Tränen kämpfen. Und auch auf die anderen Stars macht die ganze Szenerie Eindruck.
Mit dem Trio geht ein großes Stück Länderspiel-Geschichte. Sie alle haben mehr als 100 Länderspiele absolviert: Klose (137) liegt auf Platz zwei der ewigen Bestenliste, Lahm (112) auf Rang vier und Mertesacker (104) auf Platz acht.
Bundestrainer Jogi Löw: „Ich hätte als Trainer gerne mit ihnen weitergearbeitet, aber diese Entscheidungen muss ich akzeptieren und respektieren. Ihr habt uns alle mit Eurem Auftreten, Eurer Menschlichkeit, Eurer Persönlichkeit und großartigen sportlichen Leistungen viel gegeben und viel Freude gemacht.”
„Fußball Brasil“: Fußball in Brasilien verstehen lernen
Die WM in Brasilien ist schon wieder Geschichte. Vier Wochen Tore und Spannung satt. Eine ausgelassene Stimmung, die vorher so niemand für möglich gehalten hat. Und am Ende mit einem sensationellen Ausgang für das deutsche Team: Weltmeister! Endlich der vierte Stern!
Was bleibt noch in Erinnerung von der WM 2014?
Vor allem die beeindruckenden Bilder aus dem ganzen Land. Brasilien bewies: Nirgendwo sonst hat dieser Fußball eine solche Macht und Magie wie im größten Land Südamerikas. Das Leiden und Mitleid mit der brasilianischen Mannschaft – das vergisst man nicht.
Wer noch einmal verstehen will, was Fußball dem Land bedeutet, sollte sich den wunderschönen Bildband „Fußball Brasil“ des argentinischen Fotografen Christopher Pillitz zur Hand nehmen. Pillitz braucht dabei nicht viel Text, um das Schöne, Einzigartige und das Mysteriöse des Sports zu erklären. Er lässt Bilder sprechen: einfache Holztore am Wasser, die Christus-Statue an der Copacabana mit einer brasilianischen Flagge in der Hand, ein Fußballplatz auf dem Dach eines Hochhauses oder auf einer Bohrinsel. Und klar: Überall kickende Leute, junge und alte – und fußballbegeisterte Mönche.
Sieht man diese Bilder, bekommt man selbst Lust zu spielen. Sie strahlen eine Magie aus. Christopher Pillitz begrenzt sich dabei allerdings nicht nur auf das Schönes des Spiels, sondern er zeigt auch Fotos von Hinterhöfen und Schrottplätzen, wo Fußball gespielt wird. Der Fußball wird dort als Möglichkeit gesehen, dem tristen Alltag zu entfliehen.
„Fußball Brasil“ ist ein buntes und interessantes Buch. Wertvoll nicht nur für fußballbegeisterte Leser.
![Christopher Pillitz "Fußball BRASIL", Gebundenes Buch, Pappband, 192 Seiten, 24,0 x 28,0 cm, 175 farbige Abbildungen ISBN: 978-3-7913-4895-7 € 29,95 [D] | € 30,80 [A] | CHF 40,90 *](https://11plus3.files.wordpress.com/2014/08/insightimage.jpg?w=255&h=300)
Christopher Pillitz „Fußball BRASIL“, Gebundenes Buch, Pappband, 192 Seiten, 24,0 x 28,0 cm, 175 farbige Abbildungen
ISBN: 978-3-7913-4895-7
€ 29,95 [D] | € 30,80 [A] | CHF 40,90 *
„Gauchogate“? – Auf dem Boden bleiben!
KOMMENTAR
Ich kann es nicht glauben. Da wird die DFB-Elf zum vierten Mal in der Geschichte Weltmeister, holt zum ersten Mal als wiedervereinigtes Deutschland die größte Fußballkrone der Welt und was passiert? Man meckert mal wieder über einen angeblich verhöhnenden und den Gegner diffamierenden Tanz der WM-Helden auf der Fanmeile in Berlin.
Nun sollte es aber ganz deutlich heißen: Auf dem Boden bleiben! Der Gaucho-Tanz war einfach ein kleiner Witz. Nicht mehr. Genauso wie Thomas Müller noch in Rio de Janeiro eine kolumbianische TV-Reporterin veräppelte. Es war ein kleiner Schabernack, keine Bosheit. Die gesamte WM über haben wir – wie es auch stets sein sollte – den Gegner mit dem allergrößten Respekt behandelt.
Oder darf man als aus Deutschland kommender Sieger gar nicht mehr jubeln? Ist es auch rassistisch zu singen, dass „wir die Nummer 1 der Welt“ seien? Im Grunde macht man damit jede andere Nation, jedes andere Volk schlecht, oder?
Es liegt aber nun einmal in der Natur der Deutschen zu meckern. Und bei jeder WM kommt eine solche Diskussion auf. Da wird die Freude über eine erfolgreiche deutsche Nationalmannschaft plötzlich in die Nazi-Ecke gerückt. Ernsthaft, geht es noch?
Natürlich, die Bilder, die im Netz kursieren (Deutschlandfahnen mit Hakenkreuzen und eindeutig rassistischen Kommentaren) sind unterste Schublade und widerwärtig. Aber sich darüber zu beschweren, dass Deutschlandfahnen oder Wimpel im ganzen Land zu sehen sind? Dass eine Nation – ein „Wir – stolz auf eine Mannschaft oder eine Leistung ist? Ist mal wieder typisch Deutsch. Leider.
So macht es keinen Spaß Fußballfan zu sein. Es muss doch möglich sein, sich normal, bodenständig freuen zu dürfen. Ohne gleich in die Nazi-Ecke gerückt zu werden. Jede Art von Rassismus oder sonst menschenverachtende Gedanken gehören raus aus dem Stadion, aber freudiger, lebendiger Jubel – auch mit einem kleinen Augenzwinkern – ist nicht falsch.
Fabian Biastoch
Liverpool heiß auf Huntelaar!
Was läuft zwischen Klaas-Jan Huntelaar (30) und dem FC Liverpool?
Der holländische „De Telegraaf“ schreibt, der Schalke-Star stehe ganz oben auf Liverpools Einkaufsliste. Auch Özil-Klub Arsenal London will in das Rennen um den königsblauen Holland-Knipser einsteigen. Top-Klubs jagen Huntelaar, der auf Schalke noch Vertrag bis 2015 hat!
Der Stürmer (59 Bundesliga-Tore) im WM-Quartier der Holländer in Rio de Janeiro: „Wegen der Gerüchte über Liverpool ist es wohl fair, erst mit Schalke darüber zu sprechen.” In Liverpool könnte er Luis Suarez ersetzen, der vom FC Barcelona gejagt wird. Huntelaar weiter: „Die Verhandlungen mit dem Klub laufen schon eine Zeit. In den Ferien will ich, dass mich niemand stört. Nach den Ferien spreche ich weiter mit Schalke. Das ist früh genug.”
Bei ihm habe sich bisher kein Interessent gemeldet. „Ich spreche jetzt mit meinem Manager auch nicht über das Interesse von Klubs. Ich konzentriere mich auf das WM-Turnier.” Huntelaar hat in Brasilien noch eine Menge vor, will mit Holland das Finale erreichen. Nach seinem Sieg-Tor in der Nachspielzeit im Achtelfinal-Spiel gegen Mexiko (2:1) hofft der Angreifer auf mehr Einsatzzeit im Viertelfinale gegen Costa Rica.
Unbedingt kaufen? Beißer Suarez jetzt als Flaschenöffner
Beißer Luis Suarez (27) als Flaschenöffner. Gibt´s nicht? Gibt´s doch!
Mit dieser Idee will laut englischen Medienberichten ein Unternehmen den Markt erobern. Bei „eBay“ wird der Flaschenöffner für 8,16 Euro (6,50 Pfund) angeboten. Über Twitter wurde der fertige Suarez-Flaschenöffner schon gepostet.
Der Stürmer-Star aus Uruguay macht dabei ein bissig-böses Gesicht, trägt das Nationaltrikot. Hintergrund des Kult-Öffners: Suarez attackierte Italiens Chiellini im WM-Gruppenspiel in der 79. Minute mit einem Biss in die Schulter. Mexiko-Schiri Rodriguez sah die hässliche Aktion nicht, ließ weiterspielen. Auch als ihm Chiellini die Bisswunde zeigte, reagierte der Unparteiische nicht. Inzwischen hat die Fifa dem Uruguay-Beißer den Zahn gezogen. Die Disziplinar-Kommission des Weltverbands sperrte Luis Suarez für neun Länderspiele beziehungsweise vier Monate.
Den FC Barcelona schreckt das alles trotzdem nicht ab. Laut spanischen Medienberichten bietet Barca dem FC Liverpool 30 Mio Euro Ablöse plus Chile-Stürmer Sanchez.
Ottmar Hitzfeld: Ein Trainer verabschiedet sich von der großen Bühne
Ein Welt-Trainer verabschiedet sich von der Fußballbühne!
Das Achtelfinal-Aus seiner Schweizer bei der WM in Brasilien gegen Argentinien (0:1) war das letzte Spiel für Ottmar Hitzfeld (65). Nach acht Jahren als Nationaltrainer macht ein Großer der Trainerzunft endgültig Schluss. Hitzfelds Entschluss steht, eine Rückkehr auf die Trainerbank wird es nicht geben: „Der Trainerberuf ist beendet. Ich bin stolz auf meine Laufbahn.“ Und weiter: „In ihr wurde ich auch vom Glück begünstigt. Es war mir eine große Ehre, als halber Schweizer zum Schluss noch einmal für die Schweiz tätig zu sein. Und ich kann mich mit Stolz und voller Emotionen verabschieden.“
Über Dortmund zum FC Bayern
Die Karriere des zweimaligen Welttrainers (1997, 2001) begann in den 1980er Jahren. Nach seiner ersten Station 1983 beim SC Zug führte ihn sein Weg über den FC Aarau zu Grasshopper Zürich, wo er zwei Schweizer Meisterschaften feierte. 1991 wagte Hitzfeld den Sprung nach Deutschland zum Ruhrpott-Riesen Borussia Dortmund. In seiner ersten Saison wurde er gleich Vize-Meister, baute eine starke Mannschaft über die Jahre zusammen. Mit Star-Spielern wie Andreas Möller, Matthias Sammer, Jürgen Kohler und Karl-Heinz Riedle gewann Dortmund zwei Meisterschaften (1995/1996) und holte unter Hitzfeld 1997 im Finale gegen Juventus Turin (3:1) den Champions-League-Titel. 1998 wechselte Ottmar zum FC Bayern und bestimmte ein Jahrzehnt lang den deutschen und auch ein Stück weit den europäischen Fußball (von 1998-2004 und 2007-2008).
Die Erfolge: Sieben Meistertitel, drei Pokal-Siege, ein Champions-League-Titel 2001 sowie Weltpokalsieger. Nach insgesamt sieben Jahren beim FC Bayern wechselte Hitzfeld zum Schweizer Verband. Die Reaktionen auf seinen jetzigen Rücktritt waren in der Schweiz überragend. Die Boulevard-Zeitung „Blick” schrieb „Danke, GOTTmar Hitzfeld”. Der „Tages-Anzeiger” meint: „So gut, gegen einen solchen Gegner, war vielleicht noch nie eine Schweizer Nationalmannschaft.” Gemeint war das 0:1 gegen Argentinien und das bittere Ausscheiden kurz vor einem möglichen Elfmeterschießen. Hitzefeld: „Allein in den letzten drei Minuten habe ich noch mal alles erlebt, was im Trainerleben möglich ist.“
„Wir werden ihn alle vermissen“
Und weiter: „Erst den Schock des 0:1, dann unsere Reaktion, ein Fallrückzieher unseres Torwarts im gegnerischen Strafraum, ein Pfostenschuss. Solche Emotionen erlebt man nur im Fußball. Deshalb lieben wir alle den Fußball.” Auch Hitzfelds Spieler waren im Angesicht des Abschieds gerührt. Gelson Fernandes: „Ich wünsche ihm alles Beste für die Zukunft. Er ist nicht nur ein großer Trainer, sondern auch ein großer Mensch.” Wolfsburgs Ricardo Rodríguez: „Wir werden ihn alle vermissen, er war ein großer Trainer.“
Salvador: „Menschen brauchen Perspektive, bekommen aber nur Tristesse“
Die ersten Tage in Salvador waren aufregend. Vor allem wegen des klasse 4:0-Sieges der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal! Danach folgte ein Hammersieg der Franzosen gegen die Schweiz und was die Zukunft noch bringt, das werden wir alle erst noch sehen, wer kann schon in die Zukunft schauen, ganz klar niemand.
In Salvador geht das Leben nun auch ohne Fußball erst einmal weiter. Ein paar Spiele wird es hier noch geben, nach der Französisch-Schweizerischen Invasion wird es für ein paar Tage wieder etwas ruhiger.
Da bleibt genug Zeit, um sich die Stadt anzuschauen. Und sie hat viel zu bieten! Egal, ob nun der Fahrstuhl Elevador Lacerda, der die Unter- mit der Oberstadt verbindet oder das ganze Viertel Pelourinho. Hier lebt die Kultur Afrikas, die nach Salvador gebracht wurde weiter. Doch ganz so bunt, wie auf vielen Bildern ist es dann aber doch nicht.
Ganz klar sind die Menschen und die Straßen bunt geschmückt, aber die Häuser verfallen langsam wieder nachdem sie vor einigen Jahren noch renoviert worden waren. Ein Besuch lohnt sich aber dennoch, denn faszinierend sind die Capoeira-Tänzer oder auch die zahlreichen Marktstände in jedem Fall. Eben ein typisches Viertel für Touristen.
Die Gefahr in Salvador ist jedoch der kaum zu sehende Unterschied zwischen armen und reichen Gegenden. Natürlich ist am Stadtrand – wie wohl in fast allen brasilianischen Metropolen – eine Gegend, die Touristen oder Fremde besser nicht aufsuchen, aber auch im Stadtkern verwischt die Linie. Was natürlich an sich nicht schlimm ist, da somit die ärmeren Menschen nicht ausgegrenzt werden, macht es für Touristen gefährlich.
Man geht eine vermeintlich sichere Straße entlang und findet sich auf einmal in einem gefährlichen Gebiet. Die Grenzen verwischen. Auf der einen Straßenseite ein supermodernes und teures Shopping Center auf der anderen nur wenige Meter entfernt verlassene oder zerfallene Häuser/Armenviertel. Unweigerlich werden viele Touristen rund um das Stadion in Armenviertel gelockt, rund um Pelourinho sollte man die kleinen Gassen meiden und generell stets mit den Massen schwimmen. Nicht nur eine plumpe Empfehlung, sondern nach eigenen Erfahrungen ein sehr gut gemeinter Rat.
Schnell merkt man, warum Salvador eine der gefährlichsten Städte der Welt und demzufolge auch Brasiliens ist. In den „normalen“ Straßen patrouillieren Militärpolizei und private Sicherheitsdienste in Massen. Die Überwachung läuft sozusagen.
Als die Polizei im April knapp drei Tage lang gestreikt hat, ereigneten sich in Salvador rund 50 Morde! Natürlich sind es oft Gewaltverbrechen unter Drogenhändlern oder kriminellen Banden, aber das Problem ist dennoch vorhanden und will gelöst werden.
Viel beängstigender ist aber der Fakt, dass nach der WM die ganze Sicherheit wieder weg ist. Dann zieht die Polizei ihre Massen wieder ab und die Menschen müssen auf sich selbst aufpassen. Wie auch in Rio de Janeiro ist die Herangehensweise von kurzfristiger Natur gewesen. An eine langfristige Lösung der Gewaltprobleme habe man nicht gedacht, sagen die schwerbewaffneten Beamten auf der Straße. „Die Menschen brauchen Bildung und Perspektive. Bekommen aber nur Tristesse geboten“, fügt ein weiterer hinzu.
Die Vorteile, die diese WM haben soll, kommen nicht bei den „kleinen“ Menschen an. Sie werden auch nach dem Finale noch in ihren kaputten Häusern wohnen und keine Bildung oder Gesundheitsvorsorge haben. Brasilien ist ein Land, in dem die Wirtschaft brummt, aber die Menschen nichts davon haben. Diese Zutaten haben einmal Proteste ausgelöst, sind aber auch mehr als nur gut für eine Revolution. Es muss sich etwas ändern. Die Welt blickt auch weiterhin auf dieses schöne aber leider auch nicht ausgewogene Land. Sie muss es.
Umweltschutz adé! – Der dreckige Rio Camarajipe
Es ist heiß in Salvador. Nicht nur die Hitze macht einem zu schaffen, auch die Schwüle ist für den einen oder anderen Europäer nicht leicht zu ertragen.
Diese Konstellation ist für Bakterien und Abwässer gerade zu traumhaft. So auch für den Rio Camarajipe in Salvador. Unweit des Hotels machte sich ein leichter Fäulnisgeruch breit. Vielleicht Müll? Nein, es war der Fluss. Noch bis vor ein paar Jahren diente er immerhin als Grundwasserversorgung für das Viertel.
Heute mehren sich die Abfälle, Schmutz und andere Überbleibsel in ihm. Wie so viele Flüsse endet auch dieser im Meer. Was sich auf der Karte erst als idyllisch ersah, erwies sich später als purer Dreck. Eine braune Brühe bahnt sich den Weg in den Ozean.
Blaues Wasser? Nicht zu erkennen! Es ist Dreck pur. Auf Nachfrage wollte sich niemand dazu äußern, doch eines steht fest: Die Stadt hat es noch nicht geschafft, den Fluss zu bereinigen. Immer wieder haben sie es mit Tanklastern versucht – Wasser abgepumpt, doch sauber geblieben ist er nicht.
Dass der aktuelle Zustand eine Ausnahme ist, erscheint sehr unwahrscheinlich. Die Farbe – braun – spricht dagegen, ebenso der Fakt, dass es in Salvador das ganze Jahr über recht warm ist und so kaum eine Besserung in Kraft treten kann.
Natürlich ist es nur ein kleines Problem. Der Fluss ist wenige Kilometer lang und durchfließt „nur“ Salvador. Aber diese kleinen Probleme mehren sich und werden in einer wachsenden Industrienation irgendwann zu einem großen. Nicht nur die Schere zwischen arm und reich in Brasilien ist problematisch auch die Umweltsünden – wenn auch in diesem Fall nur im Kleinen – sind nicht zu übersehen.
Salvador – Nicht nur schön, auch schmerzhaft
Ich dachte, ich würde mich in Brasilien ausreichend auskennen. Ich dachte, ich wüsste, wie ich mich verhalten soll. Doch es kam alles anders.
Wenn Brasilien spielt, dann sind die Straßen leer. Kaum eine Menschenseele ist dann vor der Tür zusehen. Auch nicht in Salvador bei der Partie Brasiliens gegen Mexiko. Natürlich wollte auch ich nicht auf der Straße sein. Nicht, weil ich Angst – Nein, ich wollte ja schließlich das Spiel sehen.
Eigentlich war es angedacht, einen Kollegen beim Fanfest zu treffen und das Spiel zu genießen. Das war der erste Fehler zumindest von mir. Kaum am Eingang angelangt standen tausende Menschen an. Gefühlte 50 Grad in der Sonne und dann anstehen? Nein, dachte ich mir. Den Anfang hätte ich so oder so verpasst. Also bin ich die Strandpromenade/-straße entlang gelaufen und habe mir eine Bar gesucht. Es hat eine Weile und auch ein paar Meter gedauert, doch ich fand eine kleine aber feine, in der ich einkehrte.
Sie befand sich unweit meines Hotels, was noch mehr passte, denn ich wollte in der Halbzeit schnell heim, um nach einem heißen Tag des Durch-die-Gegend-Wanderns endlich duschen zu können. Damit ich nicht in zeitliche Engpässe geraten würde, habe ich – dank deutscher Gründlichkeit – natürlich beschlossen, ein bisschen vor der Pause loszuziehen.
Und wieder einer deutschen Tugend geschuldet – dieses Mal der Pünktlichkeit – beeilte ich mich und schaute immer wieder auf mein Handy, um die Zeit nicht aus den Augen zu verlieren. Einen dieser Momente nutzte ein Kerl aus, griff nach dem Handy, schlug mir ins Gesicht und drückte mich zu Boden.
Die erste Reaktion von mir war natürlich, dass ich mich wehren müsse. Erst, als er sich nicht „abschütteln“ ließ und immer aggressiver wurde, ist mir in den Sinn gekommen, dass man in Brasilien sich ja ganz anders verhalten sollte. Also habe ich locker gelassen und das Handy „aufgegeben“.
Wer jetzt denken mag, ich verteufle Salvador oder gar ganz Brasilien, der irrt sich. Natürlich ist es eine Erfahrung, die ich mir auch gern hätte sparen können, aber ebenso habe ich auch erfahren, wie hilfsbereit die Menschen sein können. Ganz schnell kamen Passanten angerannt, haben die potenziellen Täter verfolgt (irgendwie kam auch ein zweiter dazu, das habe ich jedoch nicht genau mitbekommen) oder haben mit ihren Autos gestoppt.
Hilfsbereit sind die Brasilianer eben auch. Und nicht nur, wenn man angegriffen wird. Ich erinnere mich nun immer wieder gern an manch einen Deutschen, der bei einer solchen Aktion tatenlos daneben gestanden hätte. Gott sei Dank war weder den helfenden Händen noch mir etwas passiert. Dachte ich.
Erst später habe ich gemerkt, dass meine Knie total blutig, mein Fußgelenkt angeschwollen und ebenso blutgetränkt war. Ein Arzt? Ach was, dass geht von allein wieder weg. Es verheilt auch von allein, ein bisschen humpeln werde ich noch in den kommenden Tagen, aber es ist ja nichts wirklich Schlimmes passiert.
Auch bei der Polizei habe ich gemerkt, welch ein Glück ich hatte. Nicht, weil es die Beamten mir gesagt hätten, nein. Ein Pärchen aus Frankreich wurde „richtig“ überfallen und mit einem „monströsen“ Messer (so haben sie es beschrieben, so weit ich es verstanden habe) bedroht. Man möge sich nur ausmalen, der Täter hätte sie damit verletzt…
Ich für meinen Teil habe gelernt, dass ich noch vorsichtiger sein sollte. Aber auch, dass nicht die Bewohner einer Stadt dafür verantwortlichen sind oder gar ein ganzes Land. Selbstverständlich habe ich im Schock erst einmal alles und jeden verteufelt, aber im Endeffekt habe ich auch die Hilfsbereitschaft vieler Leute erfahren, die es – da bin ich sicher – in Deutschland nicht gegeben hätte.
Und ja, eine Erfahrung war es auch. Manchmal tut Journalismus eben auch weh.